Dienstag, 13. Januar 2015

Kalte Füße!

Ich habe schon immer eher die Wärme der Kälte vorgezogen. Das fängt beim Sommerurlaub an anstatt des Winterurlaubes, Melancholie wenn sich der Winter in Deutschland angekündigt hat und hört mit absurd guter Laune auf, wenn der Frühling langsam alle Pflanzen und auch irgendwie die Menschen (mich zumindest) zum Leben erwachen lässt. Vielleicht habe ich das auch ein wenig von meinem Vater geerbt, der, wie meine Mutter zu sagen pflegt, immer in leichte Winterdepressionen verfällt sobald die Tage kürzer werden, man nicht mehr draußen im Garten rummuddeln kann und beim Joggen einem die tropfende Nase zufriert. So weit so gut.
Was aber wirkliche Kälte mit einem anstellt, wenn man sich nicht dagegen wehren kann, da hatte ich keine Ahnung.
Für mich bedeute Kälte bisweilen ein Gefühl oder eine Situation der ich entweichen konnte. Es war niemals ein Dauerzustand. Habe ich überhaupt einmal so richtig gefroren?
Und wie absurd es sich anhören muss, dass gerade ich, die gerade in Indien herumspringt, sich über Kälte und frieren Gedanken macht. Aber manchmal ist das unwahrscheinlichste, dass was wirklich beschäftigen sollte.
Ich komme auf das Thema, da ich vor ein paar Tagen zum ersten Mal am eigenen Leib erfahren musste, was es heißt zu frieren und nichts dagegen machen zu können.
Wir sind über Nacht mit dem Zug von Nagpur(liegt in Zentralindien) zurück Nachhause nach Hyderabad, also in den Süden Indiens gefahren. Ab 2 Uhr nachts lagen wir auf unseren Pritschen und versuchten uns so warm wie möglich zu halten. Drei lagen als Oberteil, Socken und Decken brachten Garnichts. Die Kälte kroch durch die leichten Stoffe die sonst völlig ausreichen in die Knochen, sodass man sich einfach nicht mehr bewegen mochte und man sich ewig in Embryohaltung zusammen kauerte. Der Windzug aus den Schlitzen der undichten Fenster machte es nicht besser. Irgendwann lagen wir vier Mädels nur noch verteilt auf zwei Betten, weil Körperwärme die einzige Lösung war um sich ein wenig aufzuwärmen. Das Bild was wir wohl abgegeben haben müssen, erinnerte sicherlich an Sardinen in der Büchse. Die Betten sind nicht wirklich für zwei Menschen ausgelegt, aber das war schon okay. Wenn man sich umdrehen wollte, musste der andere halt auch.
Ich rede hier gar nicht mal über Minusgrade. Ich spreche über Temperaturen von 10-15 Grad in der Nacht. Wenn man aber den ganzen Tag bei mehr als 30 Grad herumgelaufen ist, dann ist der Temperatursturz mehr als ausreichend damit einem kalt wird. Wenn ich das Freunden in Deutschland erzähle, ist die Reaktion eigentlich immer die gleiche. Ein müdes Lächeln und ein kleiner Spott. In Deutschland sei es ja viel Kälter. Dem würde ich auch nicht widersprechen. Trotzdem habe ich gefroren und den Indern ergeht es da noch schlimmer, da sie sich noch viel, viel mehr an das warme Klima gewöhnen. Sie ziehen sich schon bei 20 Grad den Pulli über, da es ihnen sonst zu frisch wird.
Am Schlimmsten war für mich allerdings der Gedanke, dass manche Menschen solche Nächte nicht nur einmal erleben müssen, so wie ich. Ich lag wenigstens in de Gewissheit da, dass mich in der nächsten Nacht mein warmes Bett empfängt. Wie viele Menschen dürfen nicht mit diesem Gedanken nachts einschlafen? Mit dieser Frage im Kopf wurde mir natürlich nicht unbedingt wärmer. Trotzdem bin ich im Nachhinein um die Erfahrung dankbar, da ich mir ansonsten niemals so intensiv darüber Gedanken gemacht hätte.
Frieren in Indien? Ja, frieren in Indien geht, sogar ziemlich gut. Was man dagegen tun kann weiß ich nicht. Ich werde aber anfangen auf irgendeine Art zu helfen. Auf welche Art weiß ich noch nicht. Einfach weil jetzt eine vage Vorstellung davon habe, wie scheiße es ist zu frieren.
Ich habe immer noch kalte Füße.

Bis bald Johanna

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