Dienstag, 7. April 2015

Spiced Girl

Schnell, schneller am schnellsten. Meine Zeit hier in Indien rennt im Moment als ginge es um sein Leben.
Grade war meine Freundin Nötzel mit ihrem Kommilitonen Maxi hier und schon sind sie wieder weg und meine Eltern tauchen an derselben Stelle auf. Erst sitze ich hier sieben Monate alleine in meiner Indienblase und nun geht alles zack auf zack.

Ich durfte doch tatsächlich kurz nach unserem Paradiesurlaub in Kerala und Sri Lanka die Frau Nötzel bei mir begrüßen. Diese große und nicht minder laute Erscheinung hat uns 2 Wochen mit ihrem Kumpel Maxi, welcher uns durchaus mehr auf Trab gehalten hat, belustigt. Zudem haben sie die Kinder mehr als glücklich gemacht mit tollen Geschenken wie Kuscheltieren, glitzernden Perlen (auf die wir Deutschen Mädels doch ein wenig neidisch sind) und Klamotten. Unsere Nachbarskinder haben auch großzügiger Weise etwas abbekommen und seitdem sind sie uns noch mehr auf den Fersen als sowieso schon um uns die Hand zu schütteln, ein Stück mit uns an der Hand zu gehen oder nach unserem werten Befinden zu fragen. Das Highlight bildet aber die ungefähr ein jährige Pandu. Was wir glauben übersetzt Banane heißt. Sie hat einen übergroßen, schwarzen, Kuschelaffen bekommen den sie mehr schlecht als recht über dem Boden halten kann. Der Stolz mit dem sie den aber durch die Straßen trägt hebt das kleine Dilemma aber wieder auf.
Mit unseren Gästen haben wir dann auch ordentlich Holi gefeiert. Holi ist ein Farbenfest, welches ich auch in Deutschland schon gefeiert habe. Es ist also nicht so unbekannt, aber so wie die Inder es zelebrieren kriegt der allgemeine Europäer das in hundert Jahren nicht gebacken.
Holi ist ein hinduistisches Fest wo die Gläubigen am Vorabend von Holi durch das Verbrennen von alten Gegenständen von der Vergangenheit lösen und sich Neuem somit öffnen und diesem auch Platz schaffen. Der nächste Tag ist dann zum ``Holi spielen`` da. Hier darf man noch Herzenslust, Kraft, Power und Farbenmenge sich mit einem Puder bewerfen, welches alle tollen Farben haben kann. Dieses Bewerfen mit den Farben ist auch schon in der westlichen Zivilisation angekommen und wird hier meistens mit einer Party und viel Elektromusik unterstrichen. Hat nicht mehr so viel mit dem Ursprung, Tradition oder gar Religion zu tun, aber macht trotzdem Spaß, auch in Deutschland.
So oder so ähnlich habe ich den Hintergrund des Holis verstanden.
Wir haben das Fest mit unserer Freundesgruppe auf einem kleinen Hügel begangen wo wir uns stundenrund mit den tollsten Farben eingeseift haben.
Typisch traditionelle Trommler wurden engagiert zu deren Musik wir eher like a wannabe-indian getanzt haben.

Es hat aber niemanden gestört das wir alle wie bunte Idioten aussahen. Wir hatten zusammen eine Menge Spaß und das hat am Ende gezählt. 

Für mich geht der Farbenspaß seit 3 Wochen sogar noch in die Verlängerung, da ich die lila-pinke Holifarbe nicht aus meinen blonden Haaren rausgewaschen bekomme. Somit sehe ich im Moment aus wie das sechste Mitglied der spice girls aus den 90er Jahren die nicht einsehen will, dass diese Girlsgroup nicht mehr existiert. Mit meinem look würde ich jedenfalls ‘Wannabe‘ oder ‘Spice up your life‘ singend neben den Mädels der Band nicht unbedingt negativ auffallen. Das Pink gibt meinem Look aber auch erst die richtige Würze und so viele Komplimente für meine Haare wie im Moment habe ich noch nie bekommen.
Schlimmere Zwischenfälle als eine fast-Vermisstenanzeige bei der Polizei, 3 Leute die sich im synchron-kotzen versucht haben (verdorbener Magen), ein musikalisches 2000er Jahre Revival im Schlafanzug und das bombastische Kartenspiel Manchkin hatten wir aber nicht zu beklagen und somit sind wir gut durch die zwei Wochen gekommen und mögen uns sogar noch. Auch wenn wir uns die meiste Zeit zu fünft in ein zweier Schlafzimmer quetschten.
So schnell wie sie kamen waren die beiden Knalltüten aber auch schon wieder weg und schon hatten wir die nächsten zwei auf der Fußmatte stehen. Mama&Papa! 
Da kommt Freude auf.. Mutti& Vati sind da 
Mit den beiden Volltouries bin ich also durch Hyderabad gestolpert und habe versucht ihnen mein Leben hier komprimiert auf zwei Tage nahe zu bringen. Zugegebenermaßen schwierig, aber im Endeffekt hat alles besser geklappt als ich dachte. Die Kinder im Waisenheim waren lieb und nett, haben danke und bitte gesagt und bekamen wieder funkelnde Augen als meine Eltern ihnen eine Haarspange schenkten und ein kleines Modellflugzeug von Papa herumgereicht wurde. 
Hyderabad war zwar laut, hektisch, chaotisch und eine Idee zu voll wie immer, aber meine Eltern haben es locker flockig genommen und alles als ein großes Abenteuer betrachtet. Diese Einstellung ist als Erst-Indienreisender/e sicherlich nicht schlecht. Zudem hat es mir die Rolle als Touriführerin leicht gemacht, weil eine einfache Autofahrt schon zu kompletter Faszination geführt hat. 
Trotzdem muss ich mich Luise anschließen und ein Lob an die Toleranz meiner Eltern aussprechen. Sie sind mit viel Motivation und gutem Willen an das Land Indien herangegangen und sind bis zum Ende dabei geblieben und somit auch nicht enttäuscht worden.
Die 1. Rikshawfahrt hätte besser aussehen können, aber man kann auch eine Panne am Auto alsAbenteuer sehen.
Drei Tage Hyderabad sollten aber reichen und so haben wir uns mit unserer illustren Reisetruppe bestehend aus Mama, Papa, Luise, ihrem Freund Yassin und mir auf den Weg nach Delhi gemacht. Hier starteten wir 10 Tage Rundreise durch einen kleinen Teil vom Norden Indiens.
Den Start bildete Delhi, um genau zu sein Old Delhi. Wie man sich fast denken kann ist Delhi die Hauptstadt Indiens in zwei Teile geteilt. Wir unwissenden Touris wollten natürlich beide Seiten gesehen haben und sind ungeschickterweise direkt am ersten Tag an dem wir alle um 5 Uhr aufgestanden sind und einen Flug hinter uns hatten nach Old Delhi gefahren. So ein bisschen am Bazar rumschmöckern. Denkste. Old Delhi ist zwar total faszinierend durch alte Hausfassaden, tausende kleine Geschäfte, immer wieder kleine indische Snacks die auch wir nicht aus dem Süden kannten, zwischendurch kleine Tempel oder eine Moschee. So schön das alles war, so anstrengend war es auch. Denn Old Delhi besticht nicht nur durch den riesigen Chowk Chandni Bazar durch den wir gelaufen sind, sondern auch durch die extreme Masse an Menschen die dort geschäftig und sich hier durchaus mit einer gewissen Aggressivität auf dem Fußweg Platz machen. Ich dachte das Hyderabad schon eine Metropole ist, ist sie auch, aber Old Delhi hat mit Links noch einen drauf gesetzt. Natürlich war unsere dezente Überfordertheit mit den Massen von Old Delhi auch unserer Müdigkeit zu zuschreiben, aber es war auch einfach voll. Anders lässt es sich nicht beschreiben.


 Der komplette Gegensatz hierzu bildet dann New Delhi. So etwas aufgeräumtes, sauberes, gar steriles, Geradliniges und geplantes habe ich in Indien bis jetzt noch nicht gesehen und werde ich wahrscheinlich auch nicht mehr. Zurecht erinnerte mich mein Papa an Washington DC und den Aufbau der Stadt. Alle wichtigen, großen Sehenswürdigkeiten lagen nah beieinander auf wenigen dafür aber langen, geraden Straßen verteilt. Von einer Sehenswürdigkeit konntest du schon die nächste sehen und zu Fuß erreichen. Ansonsten hat New Delhi mich nicht so umgehauen. Außer das National Museum und das Gandhi SmritiMuseum hatte es für mich nicht so viele Anreize. 
Unverkenntliche Silhouette


Girls talk am Abend. Mutti erklärt den Kücken die Welt.
Als gar nicht mal so witzig empfand ich das öffentliche-Toiletten-Problem. Es kann ja wohl nicht so schwer sein ein paar Löcher in den Boden zu stampfen eine Mauer drum herum zuziehen und ein kleines Schildchen mit `Woman‘ draufzukleben. Um die 4-5x am Tag mit einer überdimensionalen vollen Blase rumzulaufen ist relativ anstrengend und nach meiner Mutter zufolge auch nicht gesund!!!

The next stop hieß Haridwar. Dies ist ein relativ kleiner Ort, obwohl einem nach Dehli wohl alles ‘relativ‘ klein vorkommt. Haridwar liegt ziemlich nah an der Ursprungsquelle des heiligen Flusses Ganges (Ganga) und ist einer der wichtigsten Pilgerstätten für Hinduisten aus Indien. Über den Tag kommen die Menschen die oftmals mit ihrer Familie aus ganz Indien hergereist sind um einmal in ihrem Leben den Fluss gesehen zu haben, sich darin zu waschen, zu beten und auch einen Schluck daraus zu trinken. 
Pilgerstätte für tausende von Gläubigen in Haridwar am Ganges. 

Es werden Massenweise Kanister rund herum verkauft, damit man auch einen Schluck für die Daheimgebliebenen abzapfen kann. Abends durften wir Teil einer Zeremonie der Hindus werden, was eine schöne Erfahrung war. Große Fackeln wurden gezündet, Gebete wurden über Lautsprecher aufgesagt und es wurden auch Verse zusammen gesprochen


Sich ein wenig in die Geschichte der Religion des Hinduismus zu fuchsen lohnt sich. Auf den ersten Blick erscheint alles ziemlich verwirrend, da es hunderte Götter gibt zu denen man beten kann und es über jeden auch eine haarsträubend tolle Geschichte zu erählen gibt. Wenn man mit ein wenig Geduld sich aber einen Überblick geschaffen hat macht vieles Sinn und man beginnt solche Zeremonien wie am Ganges, in einem Tempel oder Festivals wie Holi zu verstehen. 
Rishishi
Am nächsten Tag hat unsere liebe Reiseführerin Manchu uns in einen weiteren wichtigen Ort der Hindus gebracht. Rishikesh, oder es mit Papas Worten zu sagen ‚Rishishi‘ Er hat es tagelang nicht auf die Reihe bekommen den Ort vernünftig auszusprechen und ich bin mir sicher, dass er es immer noch nicht könnte. 
Rishishi



In Rishishi fand ich es noch einmal schöner als in Haridwar. Vielleicht bin ich aber auch ein wenig subjektiv, weil wir hier eine Raftingtour auf dem Ganges gemacht haben und die echt ganz schön Spaß gemacht hat. 
Zwar arschkalt, aber super zum plantschen.
Der nächste Halt den wir machen durften, der dem einen oder anderen sogar etwas sagen könnte war Agra, Taj Mahal. DIE Sehenswürdigkeit Indiens. Wenn man ein Bild aus Indien kennt dann kommt dieses direkt nach dem Elefanten. Agra an sich als Stadt ist für mich nicht so sonderlich sehenswert gewesen. Der Taj Mahal hat mich entgegen meiner Erwartung jedoch beeindruckt. Dieser Brocken aus weißem Marmor hat etwas Majestätisches und ist wirklich schön anzusehen. 







Allgemeine Verwirrung. Ich war die einzige die an der Fassade des Taj Mahals die optische Täuschung auf Anhieb gesehen hat. Die anderen Knalltüten haben dafür länger gebraucht.

Rosa? Orange?
Und schon ging es weiter in das nächste Bundesland. Rajasthan. Hierauf habe ich mich fast am meisten gefreut. Zu allererst Jaipur die angeblich rosa rote Stadt. Wirklich alle aus unserem Trüppchen waren sich nach den ersten Minuten in Jaipur sicher, dass das was als rosa beworben wird alles aber nicht rosa ist, sprich das die ``rosa Hausfassaden`` definitiv orange sind. Da ist noch nicht einmal Platz zur Diskussion über die Farbe. Dass nennt sich nun mal orange!
 Ansonsten haben wie die letzten gemeinsamen Tage eher ruhig angehen lassen, da es meinen Eltern aufgrund zu viel indischem Essen gar nicht mal so gut ging. Wir sind mal wieder auf einem Bazar gelandet und waren endlich mal so richtig nah an Elefanten dran. 
Mit dieser Farbverwirrung der Stadt und Magenkrankheit war die gemeinsame Zeit mit meinen Eltern aber auch schon wieder am Ende angelangt und Luise und ich sind alleine weiter getingelt nach Udaipur. 
Ein doch recht romantisches Fleckchen Erde.

 Hier hatten wir einen Tag zur Verfügung bevor unser Flug nachhause ging. Den haben wir irgendwie mit einer kleinen Bootstour, herumschlawienern in den kleinen Gassen, hier und da in die Shops reingucken und Abends mit einem alten Schinken von James Bond gut rumbekommen. Der Film Octopussy musste sein, da dieser in genau Rajasthan, Udaipur mitgedreht wurde. Daher war das natürlich ein must-do. Was nicht so ganz geplant war, dass ich während des Films im Restaurant einschlafe, weil ich einfach so kaputt war und meine Augen nicht mehr aufhalten konnte.
Somit ist unsere letzte geplante Reise zu ende. Nun heißt es die nächsten drei Monate nochmal bei um die 40-45 Grad mit den Kiddies ranklotzen und die letzte Zeit so richtig doll, mit allem drum herum und was zu Indien und unserem Leben hier dazu gehört genießen. Auch wenn grade die 40-45 Grad dazugehören.
Bis bald Johanna
P.S.



 
Da hat die Mutti mich mal eben genatzt.



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