Ich ziehe für meine Zukunft sehr
viele Möglichkeiten in Betracht, was ich studieren könnte und was für mich als
Beruf in Frage kommen würde. Eine Möglichkeit allerdings verwerfe ich mal
direkt. Schuhverkäufer in Indien. Nicht das ich ernsthaft drüber nachgedachte
habe, aber eine Möglichkeit ist es immerhin gewesen. Luise und ich haben es uns
tatsächlich nach 3 Monaten und 17 Tagen gegönnt shoppen zu gehen. Wir sind
nicht bummeln, flanieren oder nur mal so gucken gegangen, nein. Wir waren
shoppen! Hierfür suchten wir uns natürlich nicht irgendeine Mall in Hyderabad
aus, sondern es musste dann natürlich auch direkt die größte sein. Dafür sind
wir in den Zug gestiegen für ungefähr 45 Minuten. Zug fahren gehört zu meinen
neuen Lieblingsbeschäftigungen. Selbst wenn der Zug relativ leer ist und die
Möglichkeit bestehen würde, Sitzplätze zu ergattern, setzen wir uns lieber an
den Platz wo in Deutschland die Tür wäre auf den Boden. Von hier bekommt man am
meisten Fahrtwind ab, wenn der Zug nicht gerade mal wieder steht, was relativ
oft vorkommt. Zudem hat man den besten Blick an die vorbeizischenden Gebäude
und Menschen. Praktischerweise ist es in Indien selbstverständlich, dass Frauen
und Männer getrennt Reisen können indem es in jedem Zug Frauenabteile gibt. Das
ist eine gute Ausweichmöglichkeit, da die Generalabteile oftmals ziemlich voll
sind. Selbst in Bussen sind die ersten 3-4 Reihen für ältere Menschen, Menschen
mit Behinderung und Frauen reserviert. Wenn sich hier doch mal ein Mann hin
verirrt, wird dieser meistens ziemlich barsch von einer Inderin auf die
hinteren Plätze verwiesen. Diese Plätze stehen ihnen zu und die verteidigen sie
auch. Die meisten Männer machen aber für dich Platz ohne zu murren. Amüsanter
sind da manchmal die Wortgefechte zwischen den älteren Menschen. Schon des
Öfteren haben wir lautstarke Diskussionen darüber mitbekommen, wer denn nun
älter ist und wer somit eher das Recht hat, auf dem Platz zu sitzen. Wir
verstehen meistens Bruchstücke eines Gespräches, da in vielen indischen
Sprachen und so auch in Telugu, des Öfteren Englische Wörter mit eingebaut
werden. Das macht es einfach wenigstens das Thema des Gespräches mitzubekommen.
Wenn es also um ihr Recht auf einen Sitzplatz geht, können Inder schon mal
ungemütlich werden, obwohl sie sonst so friedliche Mitmenschen sind.
Leider haben wir es so ziemlich
aufgegeben Telugu zu lernen. Wir kommen mit Englisch super aus und wenn wir
auch nur aus unserem Bundesstaat rausfahren, würde uns die Sprache schon nichts
mehr bringen. Denn nur in Telangana und Andhra Pradesh ist Telugu die
Amtssprache. Hindi hätte mich eindeutig mehr gereizt zu lernen. Das ist von den
mehr als 300 Sprachen die weitverbreitetste und wird auch in der Schule unterrichtet.
In der Mall angekommen, fühlte es
sich dann an, als wären wir für ein paar Stunden aus Indien herauskatapultiert
wurden und in eine Amerikanische riesen Mall gefallen. Lange kahle Gänge,
komplett klimatisierte Läden, Restaurants wo Alkohol verkauft werden darf, Fleischsorten
außer Hähnchen und natürlich die teuren Preise der Waren. Das alles finden wir
in unserem alltäglichen Leben nicht. Es ist strikt verboten auf öffentlichem
Gelände Alkohol zu trinken und Restaurants schenken kein Alkohol aus, nur Bars
und Clubs mit einer Genehmigung. Auch sieht man kaum andere Fleischsorten als
Huhn. Für Hinduisten ist die Kuh ein heiliges Tier und somit wird natürlich
auch nicht das Fleisch gegessen und auch Schweinefleisch wird nicht oft
gegessen, da hier auch viele Muslime leben. Ziege ist neben Huhn noch recht
beliebt. Uns stört das allerdings wenig, da wir so gut wie jeden Tag vegan oder
vegetarisch essen. Das zeichnet die
südindische Küche für mich aus, dass es das normalste von der Welt ist, jeden
Tag vegetarisch oder gar Vegan zu essen. Zu größeren Anlässen gibt es aber dann auch mal
Fleisch und das ist der Wahnsinn. Die Frauen
schaffen es, dass das Fleisch so zart ist, das es dir quasi vom Knochen fällt
und mit dem Curry ist es dann so richtig gut mariniert und scharf. Ich habe
zwar ein bisschen gebraucht, aber nun will ich das scharfe Essen nicht mehr
missen müssen. Wenn wir Deutschen Mädels zusammen sitzen und essen, witzeln wir schon immer
darüber, dass das Deutsche Essen uns nicht mehr schmecken wird und wir auf
alles erstmal eine Portion Chili hauen müssenwenn wir wieder Zuhause sind. Wir bilden uns auch ein uns an das scharfe Essen gewöhnt zu haben und mit dem schärfe Grad der Inder
langsam mithalten zu können. Auf jedenfall liegen wir nicht mehr nach jeder Mahlzeit keuchend und nach Wasser verlangend auf dem Boden.
Natürlich kamen Luise und ich nicht
am Foodcourt vorbei, wo ein Mc Donalds und Subway zugegen war. Ich habe mir
einen kleinen Wrap und zwei Kaffee geholt für umgerechnet 1,80 Euro. Selbst bei
einer Kette wie Mc Donalds, kriegen sie es hin, dass es irgendwie indisch
schmeckt und scharf ist.
Wir sind, ganz wiedererwartend, auch
fündig geworden. Unteranderem gab es Schuhe für mich und Luise. Als mir die
richtige Größe gebracht wurde, durfte ich mir die Schuhe aber nicht selber
anziehen, sondern mir wurde der Schuh angezogen. Das war mir eher unangenehm
als dass ich es für hilfreich empfand. Ich bin nicht so ein Fuß Fan und daher
brauche ich es nicht, dass mir jemand an den Füßen rum grabbelt. Das konnte der
junge Mann aber nicht wissen und hat somit nur seinen Job gemacht. In diesem
Moment kam mir der Gedanke, dass ich lieber keine Schuhverkäuferin in Indien
werde. Ich finde es schon unangenehm wenn mir jemand an die Füße geht, aber
noch schlimmer sind da fremde Füße.
Bis bald Johanna